Im letzten Monat bekam ich die Gelegenheit,
einen Workshop mit dem Titel 'Sexualität als Kommunikation für den Weltfrieden' zu geben.
Ich begann mit der Frage, wie es den Teilnehmern ging,
als sie den Titel hörten.
Mich interessiert auch sehr, wie es dir damit geht.
Welche Körperempfindungen nimmst du wahr?
Welche Gefühle oder Stimmungen tauchen auf?
Und welche Gedanken kommen dir dazu?
Das Wort Sexualität berührt die meisten Menschen auf irgendeine Weise,
sei es freudig und aufregend,
oder beängstigend bzw. beschämend,
beides zugleich oder noch anders.
Für dich als erwachsene Person gehört Sexualität zu deinem Leben.
Ist es ein Bereich, in dem du erfüllt und zufrieden bist?
Oder eher frustriert, eventuell gar verzweifelt?
Wie immer du deine Sexualität gerade lebst,
ist es wichtig, dir bewusst zu sein, wie es dir damit geht,
denn mit dem Bewusstsein geht die Freiheit einher,
selbstbestimmt dein Handeln zu gestalten.
Und was hat die Sexualität mit dem Weltfrieden zu tun?
Ein Kriegsveteran erzählte, dass sie als junge Soldaten
nach den ersten Angriffen, die sie auf Zivilisten machen mussten,
allesamt vor Übelkeit im Busch gebrochen haben.
Nach und nach gewöhnten sie sich daran und erledigten ihre Aufgaben ohne Brechreiz.
Ich habe ein Video gesehen, auf dem ich sah,
wie brutal die Menschen, die in der Rinderzucht arbeiten,
mit den ohnehin in unwürdigen Bedingungen lebenden Tieren umgehen.
Für mich zeigt sich hier in gewisser Weise das gleiche Phänomen
wie in einem sexuellen Missbrauch oder in einem Übergriff,
nämlich das Nicht-Fühlen des Gegenübers.
Wie könnte ein Mensch sonst in die Augen seines Gegenübers schauen
und ihm weh tun?
Könntest du in die Augen eines Küken schauen
und es in den Schredder stecken?
Ich würde es nur können, wenn ich getrennt von meinen Gefühlen wäre.
In der sexuellen Begegnung kann ich mich nur dann
wirklich mit meinem Partner verbinden,
wenn ich entspannt, offen und weich bin.
So kann ich mich selbst fühlen
und auch meinen Partner.
Dann kann ich so sein wie ich bin,
ich brauche nichts vorzumachen,
ich fühle mich gesehen und angenommen.
Und um mich zu entspannen und zu öffnen,
brauche ich Geborgenheit und Vertrauen.
Wenn ich Angst habe, dass mein Partner kritisch auf meinen Körper
und mein Verhalten schauen könnte,
wird es schon schwieriger.
Auch wenn ich noch eine Verletzung in mir trage,
wäre ich auf der Hut und angespannt.
Daher ist es so wichtig,
mit meinem Partner im Gespräch zu sein
und die unangenehmen Gefühle zu fühlen und gehen zu lassen.
Wenn ich mich selbst und meinen Partner fühle,
bin ich von innen heraus achtsam und liebevoll
in der Sexualität und auch sonst im Leben
zu mir selbst,
zu meinen Mitmenschen,
zu allen Lebewesen,
zur Erde
und trage zu einem friedvollen Miteinander in der Welt bei.
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nina (Donnerstag, 28 Dezember 2017 21:41)
liebe mari, wie immer lese ich mit rührung im herzen deine nachricht. du weißt aus unseren gesprächen, wie wichtig mir meine sexualität ist, auch wenn ich seit vielen jahren keinen partner hatte. trotzdem hat sich mein gefühl zu mir selbst vertieft und meine empfindungsfähigkeit hat sich gesteigert. vor ein paar wochen hat mir der mann, den ich schon seit vielen jahren liebe auch seine liebe erkläert und wir sind nun ein paar. da er sehr schwer missbraucht wurde, können wir nicht einfach miteiander schlafen, der freie innere raum ist nur sehr eingeschränkt da...aber es gibt auf beiden seiten viel vertrauen und so bin ich mir sicher, dass heilung stattfinden kann. ich merke, dass jede wirkliche berührung mehr wert ist, als eine `nummer`, bei der man im eigenen körper nicht vollständig anwesend ist. so merke ich, wie sehr sexualität intimität bedeutet. herzliche grüße von nina
Mari (Freitag, 29 Dezember 2017 13:43)
Liebe Nina, deine Zeilen berühren mich. Wie wunderbar, dass sich dein Gefühl zu dir selbst vertieft hat, und dass du mit deinem Partner 'wirkliche Berührung' erleben kannst! Genau das ist für mich der Weg des Heilwerdens.