Yoni-Porträts

Es gab eine Zeit in meinem Leben,

da hätte ich nicht sagen können,

welche von, sagen wir, drei Yoni-Fotos meine eigene abbildet.

Denn ich wusste nicht genau, wie sie aussieht!

Und das ist noch gar nicht so lange her.

Ich hatte ein Sexualleben,

hatte sogar schon zwei Kinder zur Welt gebracht.

Aber meine Yoni bewusst betrachtet hatte ich noch nie.

 

Wie konnte das sein?

Nun, ein Grund ist sicherlich, dass wir Frauen, anders als die Männer,

unsere Yoni nicht bei jedem Toilettengang zu Gesicht bekommen.

Wenn wir uns aufs Klo setzen, sehen wir sie meistens nicht.

Auch beim Liebemachen sehen wir sie nicht unbedingt.

Und dann wurde vielen von uns in der Kindheit gesagt oder angedeutet,

dass wir uns dort nicht berühren sollen.

"Da ist nix!"

"Pfui! Hände weg!"

Manche bekamen sogar Prügel, wenn sie dabei erwischt wurden.

 

Erschütternderweise glauben nicht wenige Frauen,

dass ihre Yoni etwas sei, die den Männern zu Dienste steht.

Von der französischen Frauenrechtlerin Simone de Beauvoir aus dem letzten Jahrhundert

gibt es wohl sinngemäß die Aussage, dass sich Ehe und Prostitution

nur in der Länge des Vertrags unterscheiden würden,

in beiden Fällen ist die Frau finanziell auf den Mann angewiesen.

 

Eve Ensler schreibt im Vorwort ihrer "Vagina-Monologe",

einer Sammlung von Interviews mit Frauen bezüglich ihrer Vagina,

dass das Wort Vagina ein unaussprechbares Wort ist,

und dass etwas, was nicht ausgesprochen wird,

auch nicht gesehen wird

und somit weder wertgeschätzt noch beschützt werden kann.

 

Daher ist es so wichtig,

unsere Yoni zu betrachten,

auf sie zu lauschen,

sie zu berühren,

sie zu fühlen

und auch von ihr zu sprechen.

 

In meinen Workshops, dem Roten Zelt,

gebe ich den Frauen immer wieder als Hausaufgabe auf,

ihre Yoni mithilfe eines Spiegels anzuschauen

und zu zeichnen oder zu malen.

Manche erleben große Freude dabei.

Manche spüren erstmal Widerstand.

Wie auch immer der Prozess war,

wenn wir uns dann die Porträts anschauen,

ist jedes Mal eine Bewunderung und Berührung im Raum

vor der Einzigartigkeit des Ausdrucks dieser Yonis.

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